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Dead_Cow
25.02.2012, 13:21
Deutsche Polizeigewerkschaft: "Spähen so viel es geht"


Ein leicht bizarrer Vorschlag zur Sicherheitspolitik kam angesichts des heutigen Urteils ([Link nur für registrierte und freigeschaltete Mitglieder sichtbar]) des Bundesverfassungsgerichts
zum Telekommunikationsgesetz vom Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt.
Wendt will allem Anschein nach "auf Vorrat" Überwachungsmaßnahmen durchführen, solange noch die alte Rechtslage gilt.
In dem Urteil wurden Überwachungsmaßnahmen, insbesondere von Berufsgeheimnisträgern, von den Richtern teilweise eingeschränkt.
Auch hatten die Karlsruher Richter die Weitergabe von PINs und dynamischen IP-Adressen teilweise für verfassungswidrig erklärt.
Das entsprechende Gesetz muss bis zum 30. Juni 2013 nachgebessert werden.

Dies sieht Wendt offenbar als Beeinträchtigung der Polizeiarbeit an.
"Die Ermittler sollten jetzt spähen so viel es geht, sonst werden der Polizei später fehlende Ermittlungserkenntnisse vorgeworfen”,
so der Gewerkschaftschef gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe).

Wendt erklärte, das Urteil bedeute einen erheblichen Mehraufwand für die Polizei.
"Es darf nicht sein, dass die Politik tatenlos zusieht, wie uns das Gericht die Hände bindet", sagte Wendt.
Für zusätzliche Personaleinstellungen müsse die Bundesregierung "ordentlich Geld in die Hand" nehmen.
"Der Rechtsstaat ist nun mal nicht zum Nulltarif zu haben", fügte er hinzu.


Quelle ([Link nur für registrierte und freigeschaltete Mitglieder sichtbar])

Dead_Cow
25.02.2012, 13:27
Rainer Wendt: Verfassungsbruch mit Ansage? (Kommentar)


Die aktuellen Äußerungen Rainer Wendts zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Telekommunikationsgesetz
sorgen derzeit mit Recht für Empörung unter Aktivisten und anderen kritischen Menschen.
Wer sich so äußert wie Wendt - und dies auch noch offenbar unwidersprochen im Rahmen einer ganzen Gewerkschaft -
beweist ein mehr als merkwürdiges Verhältnis zum Rechtsstaat und dessen Werten.
Wendt hatte gegenüber der neuen Osnabrücker Zeitung im Namen der Deutschen Polizeigewerkschaft Stellung zum aktuellen Urteil genommen.
Dieses Urteil, das viele Datenschützer und Bürgerrechts-Aktivisten aufgrund seiner vergleichsweise geringen Einschränkungen
für Überwachungstätigkeiten als enttäuschend einstuften, hält Wendt offenbar schon für eine dermaßen große Einschränkung polizeilicher Arbeit,
dass er sich zu drastischen Maßnahmen genötigt sieht.
Diese sehen wie folgt aus: bevor die Gesetze entsprechend angepasst werden, soll noch einmal alles ausgespäht werden,
was bei drei nicht auf dem sprichwörtlichen Baum ist.
Anderenfalls, so befürchtet Wendt, würden womöglich "der Polizei später fehlende Ermittlungserkenntnisse vorgeworfen"
(die Frage, warum und durch wen Wendt seine Behörde unter einem dermaßen starken Druck sieht,
ist eine durchaus interessante, für deren Erörterung hier aber nicht der passende Rahmen ist).

"Die Ermittler sollten jetzt spähen so viel es geht," fordert Wendt ganz offen.
Wer so etwas ernsthaft vorschlägt, kennt sich zwar mit den formalen und taktischen Aspekten von Gesetzen und der Ausnutzung
von deren Lücken offensichtlich bestens aus.
Den Geist eines Gesetzestextes, der die Menschen vor Machtmissbrauch und Willkür schützen soll, hat er aber ganz offensichtlich nicht begriffen.
Für Wendt scheint Polizeiarbeit nach dem Motto "der Zweck heiligt die Mittel" zu funktionieren,
und dies nicht nur notgedrungen in einer konkreten Extremsituation, sondern ganz offen und von oben abgesegnet.
Angesichts solcher Äußerungen darf man sich über das mangelnde Unrechtsbewusstsein mancher Polizeibeamter,
die gegenüber Bürgern ihre Macht missbrauchen, kaum noch wundern.
Jede noch so spekulative Möglichkeit, vielleicht doch jemanden zu überführen
- und es dürfte sich in diesen Fällen keinesfalls um schwere Verbrechen wie Terrorismus handeln,
da in diesen nämlich die Überwachung durch das aktuelle Urteil kaum nennenswert eingeschränkt wurde -
ist es für Wendt offenbar wert, jeden Gedanken an Gewaltenteilung,
Verhältnismäßigkeit und die mit der eigenen Machtposition einhergehende Verantwortung über Bord zu werfen.
Was es bedeutet, wenn diese Werte einem Menschen in dieser Position offenbar weniger bedeuten
als ein um jeden Preis erzwungener und wahrscheinlich im größeren Kontext eher geringer Erfolg der eigenen Arbeit, darf sich jeder selbst ausmalen.

Mindestens ebenso beunruhigend wie die offenbare Gesinnung Wendts selbst ist aber die Tatsache,
dass Wendt diese Äußerungen nicht in seinem privaten Blog, auf Twitter oder abends in der Kneipe tätigte,
sondern ganz offiziell in seiner Funktion als Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.
Das nämlich deutet an, dass es innerhalb der Gewerkschaft viele Menschen geben muss,
die derartige Äußerungen gut heißen oder zumindest zu akzeptieren bereit sind.
Für die Arbeit der Polizei, die ja eigentlich den Rechtsstaat verteidigen soll, lässt dies nichts gutes ahnen.
Ebenso wenig stimmt es hoffnungsvoll, dass offenbar mit sehr wenig Widerstand aus der Bevölkerung gerechnet wird,
wenn man derartige Dinge zum Besten gibt.
Wir scheinen in einem Land zu leben, in dem die Mehrheit es entweder in Ordnung findet,
dass die Polizei unter Ausnutzung von Gesetzeslücken verfassungswidrige Maßnahmen in Serie erwägt,
oder sich schlicht nicht genug dafür interessiert, um Widerstand zu leisten.
Zumindest muss Wendt dies glauben, denn sonst hätte er es kaum riskiert, mit seinen diesbezüglichen Plänen dermaßen offen umzugehen.
Der heimliche Traum vieler Aktivisten wäre wohl, dass der Gewerkschafts-Vorsitzende sich in diesem Fall täuscht.
Das jedoch erscheint - leider - derzeit nicht sonderlich wahrscheinlich.



Quelle ([Link nur für registrierte und freigeschaltete Mitglieder sichtbar])

Mrs.Puff
25.02.2012, 14:08
Geheimdienste lesen mit

Deutsche Geheimdienste haben die Überwachung von E-Mails und von anderer Komunikation im Internet
massiv ausgeweitet. Im Jahr 2010 seien mehr als 37 Mio. E-Mails und Datenverbindungen auf bestimmte Schlagwörter hin geprüft worden, schreibt die Bild-Zeitung unter Berufung auf Angaben des
Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages.
2009 seien es lediglich 6,8 Mio. Fälle gewesen. Trotz der intensiveren Überwachung seien nur 213 Mal
tatsächlich verwertbare Hinweise gefunden worden.

Dingo
25.02.2012, 15:53
Genau das braucht Deutschland.
Ne Menge Leute in Uniform die sich für die totale Überwachung einsetzen. :mad:

shabrakke
25.02.2012, 16:03
[Link nur für registrierte und freigeschaltete Mitglieder sichtbar]

Dead_Cow
25.02.2012, 20:26
Genau das braucht Deutschland.
Ne Menge Leute in Uniform die sich für die totale Überwachung einsetzen. :mad:


Mir war so, als ob wir das schonmal hatten?