Obwohl Frau Leutheusser-Schnarrenberger noch am Mittwochabend im ZDF bekannt gab, sie erwarte keinen Koalitionsstreit, halten Abgeordnete von CDU und CSU nun einen Rücktritt der Bundesjustizministerium für möglich. Notfalls müsse man sie von ihrer Aufgabe entbinden und dem Bundesinnenminister die Kompetenz für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung übertragen.
Einige Unionspolitiker befürchten, das Bundesjustizministerium verschleppe die Problematik absichtlich bis zur nächsten Bundestagswahl. Beim ZDF-Moderator Markus Lanz gab sich Frau Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) noch zuversichtlich. Es werde kein Ultimatum und keinen Koalitionsstreit aufgrund der Sammelwut des Innenministers und anderer Befürworter der Vorratsdatenspeicherung geben, sagte sie. Sie denke nicht an Rücktrittsszenarien, weil diese aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in ihrer Partei unwahrscheinlich seien. Sie habe ihrerseits den Gesetzesentwurf zum Quick-Freeze-Verfahren eingebracht, um den Vorgaben der EU zumindest teilweise zu entsprechen.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier (CDU), hingegen schließt einen personellen Wechsel ihrer Position nicht aus. Er schlug vor, die Ministerin der FDP notfalls von ihrer Aufgabe zu entbinden. Auch der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl befürwortet einen personellen Wechsel der Leitung des Justizressorts. Sollte die FDP bei den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen aus dem Landtag fliegen, droht neuer Streit bei Schwarz-Gelb. Beobachter rechnen mit einer Racheaktion mehrerer Abgeordneter von CDU/CSU. Die CSU hat die Justizministerin schon vorsorglich an ihren Rücktritt im Jahr 1996 erinnert. Weil sich die Mehrheit der FDP damals gegen sie wendete, trat sie wegen der drohenden Einführung des großen Lauschangriffes von ihrem Amt als Justizministerin zurück.
Um den aktuellen Streit zu schlichten, schlägt der CDU-Abgeordnete Günter Krings eine zunächst befristete Wiedereinführung für drei Jahre vor. Bis zum Ablauf der Frist soll die EU eine gesetzeskonforme Fassung des Gesetzes ausarbeiten. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Christian Ahrendt hat den Vorschlag bereits abgelehnt. Im Vorfeld schrieb er, die Überarbeitung der Richtlinie der EU zur Vorratsdatenspeicherung sei überfällig. Die Kommission müsse "endlich einmal Farbe bekennen, wohin sie mit der Richtlinie steuert - und muss darlegen, ob die mageren Evaluierungsergebnisse die anlasslose Datenspeicherung überhaupt noch rechtfertigen. Damit wäre der Balance von Freiheit und Sicherheit in Europa mehr gedient als mit der Androhung von Zwangsgeldern als Druckmittel für die Umsetzung einer veralteten Richtlinie.
Des Weiteren erwarten wir mit Spannung die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs darüber, ob die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit der EU-Grundrechtecharta überhaupt vereinbar ist."
Quelle gulli.com